Montag, 5. März 2012

Serienstart: Rizzoli & Isles


Rizzoli & Isles, a photo by evansonline on Flickr.
Frauen ohne Ecken und Kanten

Rizzoli & Isles by evansonline
Isles (Sasha Alexander, in rot) und Rizzoli (Angie Harmon)
nebst männlichen Kollegen
Am 14.03. startet auf Vox die neue Krimi-Serie "Rizzoli and Isles". Die zwei starken Kommissarinnen sind tolle weibliche Identifikationsfiguren - oder nicht? Unsere Autorin Kristin ist da anderer Meinung. 

Wer Tess Gerritsens Krimis gelesen hat, dem sollten die Namen der beiden weiblichen Hauptfiguren bekannt vorkommen. Detective Jane Rizzoli tauchte bereits in „Der Chirurg“ auf und in „Der Meister“ kam dann die Pathologin Maura Isles dazu. Nun ja .... und damit hat es sich auch schon mit den Gemeinsamkeiten. 
Denn jeder Leser der vorzüglichen Romane, auf denen diese angeblich aufs weibliche Publikum zugeschusterte Krimiserie basiert, wird über die doch recht freie Umsetzung eher mit dem Kopf schütteln. Angie Harmon („Law and Order“) ist – abgesehen von der Haarfarbe vielleicht – nämlich so ziemlich das optische Gegenteil der spröden Ermittlerin Rizzoli, die man aus den Büchern kennt. Und auch der guten Maura hat man mit Sasha Alexander („Navy CIS“) ein kleines mediales Make-Over verpasst. Denn wer will schon unattraktive Frauen sehen, die Mörder jagen?

Aber genau da liegt das Problem: Maura und Jane aus den Büchern sind nämlich nicht so konzipert, dass man sie scharf findet, oder sympathisch. Vor allem Jane ist genau genommen eine ziemliche Kratzbürste. Sie ist stur, ungnädig und gilt unter ihren Kollegen als echte Zicke. Was die Serie lächerlicherweise immer damit unterstreicht, dass Jane ein Sportfreak und Jeans-Trägerin ist. Und, oh Schreck … sie ist unordentlich!
Jane legt keinen Wert auf modische Kleidung, Maniküre oder ein perfektes Styling. Und wisst ihr was? Das ist okay. Denn Jane Rizzoli soll keine oberflächliche, Weichspül-Version eines Cops sein. Ja, sie hat ein kompliziertes Innenleben, ja sie hat viel mitgemacht. Gerade darum sollte man Jane nicht hinter einer so glatten Fassade verstecken, wie es die Serie tut. Jane ist kein Model, sie ist ein Cop – und ein verdammt guter!
Auch Maura Isles hat emotionale Probleme. Die Pathologin versteckt ihre Gefühle hinter eiserner Selbstkontrolle und Distanz, weshalb sie dem Leser oft vorkommt wie das Material, aus dem ihr Seziertisch besteht: Kalter, glatter Stahl – unverwüstlich, unangreifbar und unantastbar. 
Die seltsame, zögerliche Freundschaft dieser beiden Frauen ist das Zusammentreffen zweier verletzter Einzelgänger, die von ihrer Umwelt nicht verstanden werden. Die Allianz zweier nicht auf herkömmliche Art attraktive Frauen, die in der jeweils anderen etwas erkennen, das sie verstehen, weil sie es in sich selbst finden. Weil sie es jedes Mal sehen, wenn sie in den Spiegel blicken. Es sind nicht ihre Stärken, die Jane Rizzoli und Maura Isles professionell und privat zusammenführen. 

Es sind ihre Schwächen, ihre Fehler, ihre Ängste. Etwas, das die Serienmacher ganz offensichtlich nicht verstanden haben – oder nicht verstehen wollen. Denn das wäre ein vollkommen anderes Showkonzept, düsterer, schonungsloser und – ja – sehr viel anspruchsvoller! Eine verschenkte Chance.
Versucht die Serie doch der Freundschaft dieser beiden außergewöhnlichen Powerfrauen etwas Luftiges, Süßes, auf niedliche Weise Verschrobenes abzugewinnen – ein bisschen weniger „Homicide“ und ein bisschen mehr „Sex and the City“ – Mädelsabend mit Wein inklusive.

Auch was die Fälle angeht, ist „Rizzoli and Isles“ eher das Sparformat, da die Produzenten lieber Zeit darauf verschwenden, aus Isles einen putzigen Klon von Temperance „Bones“ Brennan zu machen – mit niedlichen Ticks wie einer herumwandernden Schildkröte als Haustier. Und krampfhaft Nebenhandlungen wie Janes turbulentes Familienleben dazu benutzen, die Figuren auf Teufel komm raus konventionell sympathisch zu machen. Mit ein bisschen Gefahr, Dramatik und einer winzigen Prise homoerotischer Spannung.

Es ist fast so, als würde die Serie darum betteln, bei der am Reißbrett entworfenen Zielgruppe – wir Frauen zwischen 25 und 50 Jahren – auf Zustimmung zu treffen: Seht her, ihr Zuschauerinnen. Hier sind zwei attraktive, fähige, gebildete Frauen in den 30ern, die keinen Mann finden können, aber zusammen halten und berufliche Erfolge feiern – trotz nerviger Familie und einigen doofen männlichen Kollegen! Bitte mögt uns – wir sind doch wie ihr! 

Sorry, Mädels, aber nein. Ihr seid leider nicht wie wir. Denn ihr seid ein durch Marktforschung und von anderen Formaten abgekupfertes Kunstprodukt. Ihr seid die mediale Verkörperung von dem, was männliche Marketingstrategen glauben, dass Frauen sehen wollen (sollten). Total unrealistisch, überzogen und viel zu gewollt. 
Und außerdem habt ihr zwei starken Krimifiguren, die ich gerade deshalb respektiert habe, weil sie auf Genre-Konventionen gepfiffen haben, die Namen geklaut. Und diese starken Ladies hätten echt was Besseres verdient!


Kristin

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