Der Dreikampf der schicksalsträchtigen Großschauspielerinnen beschäftigt die Feuilletons und Bildschirme schon seit Jahren. Auch unsere Autorin Susanne hat zu dem Thema Substantielles beizutragen.
Ich kann mich nie so recht entscheiden, welche der „beliebtesten
Schauspielerinnen Deutschlands“ mich am meisten abstößt. Drei Damen
mit Geltungsdrang und krankhafter Selbstüberschätzung. Solange Frau
Furtwängler noch Frau Burda heißt, möchte ich allerdings nicht näher
auf ihren Fall eingehen (siehe Prinzessin-Caroline-Urteil!) und mich vorerst
"Tittenvroni" Ferres widmen.
Nachdem sie jahrelang von fast allen Seiten zur Großschauspielerin ("unser Weltstar!") hochgeschrieben wurde, obwohl sie tatsächlich nie wieder so überzeugend war wie als Kartoffelerntehelferin und Nacktmodell in „Schtonk!“ (1992), haben die Kritiker doch irgendwann eingesehen, dass sie eigentlich auch damals schon wenig konnte. Vielleicht hat man ihr auch übel genommen, dass sie erst an ihren hervorstechendsten Qualitäten abnahm („Schtonk!“-Regisseur und damaliger Ferres-Lebensgefährte Helmut Dietl: "Jeder Mann, der behauptet, nicht mit meiner Vroni schlafen zu wollen, lügt"), um anschließend in jeder zweiten Talkshow Platz zu nehmen, quasi als Sachverständige für alles Übel dieser Welt. Schließlich hat sie in der Verfilmung jedes einzelnen die Hauptrolle gespielt. Selbst Helmut Dietl räumte kürzlich, auf seine Ex angesprochen, ein, dass man sich ja auch mal täuschen könne.
In den Feuilletons hat es halt
ein bisschen länger gedauert. Wollen wir mal hoffen, dass Carsten
Maschmeyer nicht eines Tages nachzieht und Ferres fallen lässt (wie
eine heiße Kartoffel). Aber dann hat sie vielleicht ja immer noch
treue Weggefährten wie Christian Wulff, der nicht in einer Welt
leben möchte, in der man keine Freunde haben darf. Vielleicht spielt
sie ja demnächst sogar seine Gattin Bettina?
Aber eigentlich sollte es in diesem Beitrag um etwas ganz anderes
gehen: die Vorabendserie "München 7" und Ex-Vollweib Christine
Neubauer. Das Gute an ihr ist, dass sie im Gegensatz zu Ferres lange
keinen Anspruch auf Anspruch in ihrer Arbeit erhob - bis auch sie
plötzlich Frauen von Kriegsheimkehrern und Mütter von Suchkindern zu
spielen begann. Noch etwas Gutes ist, dass sich die Kritiker in
ihrem Fall fast immer einig waren, dass sie keine Schauspielerin
ist.
Das Unangenehme aber ist nun, zugeben zu müssen, dass es zwei
Rollen gibt, in denen Christine Neubauer wirklich gut war und ist.
In der preisgekrönten bayerischen Familienchronik "Löwengrube"
(1987-91) verkörperte sie, damals noch blutjung, die
Polizistengattin Traudl Grandauer. Der Erfinder und Autor der Serie
Willy Purucker wollte die Rolle, die einen Zeitraum von über 30
Jahren umfasst, zunächst nicht mit Neubauer besetzen, weil er sie
"zu blass" fand. Anschließend aber war er begeistert, beurteilte
ihre Leistung als "sensationell, damals war sie ja noch eine
Schauspielerin". Und ja, man muss sagen, er hat recht, und es ist
absolut unverständlich, was nach der "Löwengrube" passiert ist, wie
aus der Schauspielerin auf einen Schlag eine Nicht-Schauspielerin
werden konnte.
Derb und gut: Christine Neubauer (l.) und Monika Gruber; Foto: ARD/Barbara Bauriedl |
Auch wenn sie sich in der letzten Zeit in
Gesprächsrunden und auf Roten Teppichen als Femme fatale geriert und
in den Klatschspalten als Rabenmutter und Schlammschlacht-Amazone
auf sich aufmerksam macht, ist Christine Neubauer doch nur in einer
Rolle wirklich überzeugend: als bodenständige, derbe Münchnerin, die
redet und flucht, wie ihr der bayerische Schnabel gewachsen ist. Im
Moment beweist sie das in den neuen Folgen von "München 7" als
temperamentvolle Marktfrau Elfi, die sie seit 2003 regelmäßig
verkörpert. Erst gestern wieder lieferte sie sich mit der noch
einen Hauch rustikaleren Monika Gruber (einem ihrer
Kabarettprogramme ist übrigens der dudenwürdige Begriff
"Tittenvroni" entliehen) einen nicht nur verbalen Schlagabtausch -
einfach köstlich!
Zum Glück hat Kultregisseur Franz Xaver Bogner
("Irgendwie und Sowieso") Neubauers Nischentalent nicht vergessen
und sie für diese Rolle erneut engagiert. Die ersten 13 Folgen über
zwei Polizisten und ihre häufig weniger kriminellen als
(zwischen)menschlichen Probleme liefen vor einigen Jahren im
Bayerischen Rundfunk. Jetzt sind sie Teil der ARD-Reihe "Heiter bis
tödlich". Angesichts der sinkenden Quoten der regionalen
Krimiserien vielleicht keine gute Entscheidung, aber der Regisseur
sowie das fantastische Ensemble um Kabarettist Andreas Giebel,
Florian Karlheim, Eisi Gulp und Nockherberg-Bavaria Luise Kinseher
heben "München 7" qualitativ weit von den Konkurrenten ab.
Einschalten lohnt sich also, und wenn es nur ist, um sich eine neue
Meinung über Christine Neubauer zu bilden - oder die bisherige zu
bestätigen.
Susanne
Weitere Infos unter http://www.daserste.de/unterhaltung/serie/heiter-bis-toedlich-muenchen-7/index.html
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